Freude trägt

ER IST FAST SCHON IN RENTE, SIE STEHT GANZ AM ANFANG IHRES BERUFSLEBENS. ER SPIELT CELLO, SIE SCHWINGT DEN TAKTSTOCK. BEIDE LEBEN FÜR DIE MUSIK. BEIDE SIND SCHON MIT DEN BAD REICHENHALLER PHILHARMONIKERN AUF DER BÜHNE GESTANDEN. EIN GESPRÄCH MIT KLAUS-CHRISTOPH UND THERESA KELLNER.

Nachwuchs fördern, Bühnenerfahrungen möglich machen: Die Bad Reichenhaller Philharmoniker arbeiten regelmäßig mit Hochschulen und jungen Talenten zusammen. Oft bleiben solche ersten Verbindungen ein Berufsleben lang bestehen, manchmal werden sie sogar an die eigenen Kinder weitergegeben. So wie bei Klaus-Christoph Kellner. Der Cellist spielt seit 37 Jahren im Gürzenich-Orchester Köln und wird noch dieses Jahr in Rente gehen. Als Vorbereitung für sein Konzertexamen durfte er mit den Bad Reichenhaller Philharmonikern 1984 als Student das Cellokonzert von Dvořák spielen, ein zweites Mal, beim „Sinfonischen Abendkonzert zur Förderung junger Künstler“ das Cellokonzert von Saint-Saëns in a-Moll. Klaus-Christoph Kellner ist in München aufgewachsen, war jedoch regelmäßig bei seinem Vater in Großgmain, als Kind und später mit der eigenen Familie. Der Kontakt zu den Bad Reichenhaller Philharmonikern blieb bestehen, auch durch Solocellistin Barbara Eger, die Klaus-Christoph Kellner als Praktikantin beim Gürzenich-Orchester kennenlernte. „Wir haben früher fast den ganzen Sommer und die Weihnachtsferien immer bei meinem Vater verbracht. Wenn wir geflogen sind, konnte ich kein Cello mitnehmen. Man muss als Berufsmusiker aber ständig üben und seine Finger fit halten und so half mir Barbara mit einem Leihinstrument“, erzählt der 65-Jährige. Dafür sprang er ein, als anlässlich des Eishalleneinsturzes 2006 ein zusätzlicher Cellist für das Benefizkonzert der Bad Reichenhaller Philharmoniker gebraucht wurde. „Ich habe mir einen Anzug von meinem Vater geliehen, der viel zu groß war und Barbara hat mir ein Cello in die Hand gedrückt.“

Klaus-Christoph Kellner und Theresa Kellner

Seine Musikbegeisterung hat Klaus-Christoph Kellner an seine Kinder weitergegeben. Der Sohn studiert Trompete in Frankfurt a. M., die Tochter absolviert ein Dirigierstudium an der Hochschule für Musik in Nürnberg, mit der die Bad Reichenhaller Philharmoniker seit vielen Jahren kooperieren und dem Nachwuchs Auftrittsmöglichkeit bieten. „Ich habe das Orchesterleben als kleines Kind ganz nah mitbekommen und durfte zu vielen Proben mitgehen. Die Person, die da vorne am Pult steht, hat mich immer fasziniert. Obwohl man vom Dirigenten keinen Ton hört, ist er enorm wichtig: er macht die Musik für alle im Orchester sichtbar, er bringt alle zusammen. Deshalb wollte ich das unbedingt werden“, erzählt Theresa Kellner. Kürzlich durfte sie im Rahmen ihres Studiums in Bad Reichenhall in einem Sinfoniekonzert die Philharmoniker dirigieren. „Das war sehr schön und ein bisschen wie nach Hause kommen, weil ich ja dort alles kenne“.

Die 21-Jährige hat noch fünf Semester bis zum Bachelorabschluss und möchte gerne für eines davon ins Ausland gehen. „Je mehr Erfahrung man sammelt und je mehr Meisterkurse man besucht, desto besser.“ Sie weiß, der Stellenmarkt ist hart umkämpft, das gilt für Dirigenten:innen noch mehr als für Musiker:innen. Dass sie in ihrem Vater jemanden hat, von dessen lebenslangen Berufskenntnissen sie profitiert, weiß Theresa zu schätzen. „Wenn ich Fragen habe, beispielsweise nach einer bestimmten Cello-Stelle, dann kann ich ihn anrufen und er spielt es mir einfach vor“, sagt sie. Im Gegenzug sieht er den Dirigierberuf plötzlich in einem anderen Licht. „Das Verhältnis zwischen Orchester und Dirigent ist sehr speziell. Ich bin da innerlich wesentlich großzügiger geworden.“ Was er seiner Tochter auf ihren Weg mitgibt? „Das Wichtigste ist, gutgelaunt und herzerfrischend an die Dinge zu gehen und immer positiv zu bleiben. Ein Dirigent muss sein Handwerk beherrschen und ein Stück weit Animateur sein, der sich nie etwas anmerken lassen darf. Theresa wird schöne und bittere Momente erleben. Als Dirigentin steht man zwar vor vielen Menschen, man ist aber trotzdem allein, gerade als Frau. Der Beruf fordert eine hohe soziale Kompetenz und innere Sicherheit und die kommt durch Freude am Tun. Tolle Musik zu machen, eint letztlich alle.“ Bis jetzt sind Klaus-Christoph und Theresa Kellner noch nie gemeinsam auf der Bühne gestanden. Aber es wäre ihrer beider Traum. Vielleicht lässt sich der erfüllen – in Bad Reichenhall, mit den Philharmonikern.

Das Wichtigste ist, gutgelaunt und herzerfrischend an die Dinge zu gehen und immer positiv zu bleiben.

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